Jungneolithikum - Michelsberger Kultur

Mit der Michelsberger Kultur (eponymer Fundplatz am Michaelsberg bei Untergrombach) beginnt 4300 v. Chr. im Rheinland das Jungneolithikum. Bei Jülich-Koslar wurde in den 1970er Jahren eine Siedlungsstelle aus der ältest-michelsberger Zeit MK I ausgegraben. Im Fundinventar tauchen auch noch Bischheimer Relikte auf. Obwohl man in der Region häufig Steinartefakte findet, die der Michelsberger Kultur zugeordnet werden können, sind Koslar 10 und die Fundstelle Eschweiler "Tank u, Rast" die einzigen wesentlichen MK-Siedlungen. Bei Jüchen im Kreis Neuss wurde erst im Jahr 2004 der erste vermeintliche MK-Hausgrundriß entdeckt.

Charakteristisch für die Michelsberger Kultur ist der Bau großer Erdwerke. Sie liegen oft Hochlagen am Rand zur Ebene. Für Mk nachgewiesen sind Erdwerke bei Koslar, Inden und Steinstraß und vermutlich auch das nicht gegrabene, mit über 800m Durchmesser größte Erdwerk des Rheinlandes bei Jülich. Über die Begräbnissitten der Kultur ist wenig bekannt, Gräber sind im Rheinland bis jetzt keine gefunden worden.

Um die Mitte des 4. Jahrtausends beginnt die Blüte des Feuersteinbergbaus im Gebiet der südlimburgischen Maas. In der dort anstehenden Maastricher Kreide steht Feuerstein in guter Qualität an. Das Material wurde zwar auch schon in früheren Zeiten intensiv genutzt, Flint aus Rijckholt war ja das bevorzugte Rohmaterial in der Bandkeramik. Untertägiger Bergbau wurde aber vermutlich erst im Jungneolithikum betrieben. Nachgewiesen sind Gruben bei Rijckholt-St.Gertruid, Valkenburg und im belgischen Spiennes. Im westlichen Rheinland bestand ein Feuersteinbergwerk auf dem Lousberg in Aachen. Hier wurde im Tagebau gearbeitet. Von 3800 bis 3000 v. Chr., also überwiedend im Spätneolithium, wurde fast die gesamte feuersteinführende Kreideschicht bis auf die liegenden Sandschichten abgebaut. Während der von J. Weiner geleiteten Grabung 1978 bis 1980 konnte u.a. das Atelier eines Steinschlägers freigelegt werden. Hier wurden aus den Feuersteinfladen und -platten die Vorarbeiten für Beilklingen hergestellt. Diese Halbfabrikate gelangten dann in die Siedlungen und wurden dort vom Endverbraucher zu geschliffenen Beilklingen veredelt.

Steingeräte und Keramik der Michelsberger Kultur

Typisch für die Mk sind große geschliffene Feuersteinbeilklingen mit ovalem Querschnitt. Überhaupt sind die Feuersteinartefakte größer als in den vorhergegangenen Kulturen. Messerartige Spitzklingen und große Abschlagkratzer mit steil retuschierter runder Kratzerkappe gehören auch in jedes Michelsberger Inventar. Die häufigste Feuersteinsorte ist Rijckholt-Flint. Von Verbindungen in des südwestlichen Raum künden Geräte, die aus Silex Bartonien hergestellt sind. Das Vorkommen dieses Tertiär-Feuersteins liegt im Zentrum des Pariser Beckes, bei den Tälern von Seine und Marne . Ein weiteres Zeugnis von den weitreichenden Handelsbeziehungen zu der Zeit legen die sogenannten Prunkbeile aus Jadeitit ab. Das sind oft große, sehr sorgfältig bearbeitete und polierte Beile, deren Schneide häufig intentionell entschärft wurde. Es handelt sich bei diesen Beilen also nicht um Arbeitsgeräte, sondern wahrscheinlich um Zeremoniengeräte oder Votivgaben. Die Abbaustelle für das Ausgangsmaterial ist im Jahr 2004 von Pierre und Anne-Marie Pétrequin am Monte Viso in den italienischen Alpen entdeckt worden. Der Abbau dort ging über eine Zeitspanne von 5200 bis 4000 v. Chr. Die wertvollen Prunkbeile sind also über viele Generationen weitergegeben und vererbt worden. Aus Felsgestein hergestellte gepickte und geschliffene Beilklingen mit ovalem Querschnitt kommen auf den hiesigen Fundstellen auch vor. Mahlsteine sind eher selten, durchbohrte Felsgesteingeräte sind mir in MK-Zusammenhang nicht bekannt. Zum Ende des Jungneolithikums tauchen die ersten Beilklingen aus gediegenem Kupfer auf. Ihre Form ist stark an die der Feuersteinbeilklingen angelehnt. Entsprechend Funde in der Region gibt es noch keine.
Im Gegensatz zur Keramik des Mittelneolithikums verzichtet man in der Michelsberger Kultur weitgehend auf Verzierungen. Die Keramik ist von guter Qualität mit einer durch Politur im noch feuchten Zustand verdichteten Oberfläche. So ergibt sich bei gut erhaltener Substanz ein braunes, lederartiges Aussehen. Bei den Befunden in Rheinland ist die Erhaltung jedoch in der Regel schlecht. Charakteristisch sind spitzbodige Tulpenbecher, Gefäße mit Arkadenrand und runde Keramikplatten, sogenannte Backteller. Wenn Gefäße subkutan gelochte, also durch die Gefäßwandung gebohrte Ösen aufweisen, kann auch das ein Hinweis auf MK sein. Häufig wurde die Keramik mit Feuersteinsplittern gemagert.

Ende der MK im Rheinland

Wie lange die Michelsberger Kultur im Rheinland dominierte, ist heute nicht mit Sicherheit bekannt. Menschliche Besiedlung lief kontinuierlich durch, MK-Befunde sind allerdings selten. Es scheint so zu sein, dass die Träger der klassischen Michelsberger Kultur etwa um 4000 v. Chr. nach Osten und Süden abgezogen sind.