Das Mittelneolithikum
Im Rheinland fing das Mittelneolithikum etwa 4900 v. Chr. an und endete gegen 4300 v. Chr.
Um 4900 v. Chr. scheint es im Rheinland einen eklatanten Bevölkerungsrückgang gegeben zu haben, die bandkeramischen Siedlungen waren aufgegeben und wüstgefallen. Zu dieser Zeit hatten sich südlich des Rheinlandes schon neue Kulturkreise gebildet. Dort lebten Menschen, die der Hinkelstein- und der Großgartacher Gruppe angehörten. Hinkelstein ist nach einem Menhir benannt, der ehemals auf dem Fundplatz bei Monsheim im Kreis Alzey stand. Am namengebenden Platz Großgartach bei Heilbronn wurde eine mittelneolithische Siedlung ausgegraben.
Zeugnisse dieser Kulturen des frühen Mittelneolithikums kommen auch im Rheinland vor. Bei Jüchen ist im Vorfeld des Tagebaus Garzweiler die Fundstelle FR 2007/3 entdeckt worden. Sie brachte spätes Großgartach zu Tage. Die Fundstelle Hambach 260, bei Jülich-Welldorf gelegen, beinhaltete ebenfalls spätes Großgartach. .
Nach heutigem Kenntnisstand kann man davon ausgehen, daß die Gegend um Jülich und Düren damals für 150 Jahre nicht dicht besiedelt war. Als dann zögerlich wieder die ersten Hofstellen entstanden, mied man weitgehend die vorher von den Bankeramikern bewohnten Plätze. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Fundplatz Hasselsweiler. Hier folgte auf bandkeramische Besiedlung am gleichen Ort eine mittelneolithische Siedlungsstelle.
Auf die Großgartacher folgte gegen 4750 v.Chr. die Rössener Kultur. Schon auf den oben angeführten Fundstellen HaA 260 und FR 2007/3 sind Planig-Fredberger bzw. frührössener Inventare präsent. Innerhalb des Mittelneolithikums sind die Übergänge also fließend.
Beeindruckte schon die Größe der bandkeramischen Häuser, so sind die Dimensionen der Rössener Häuser noch größer. Die trapezförmigen Grundrisse waren häufig länger als 50m. Innerhalb der Gebäude gab es Trennwände, man wird vielleicht mit mehreren Familien unter einem Dach gelebt haben. Wie in der LBK, so wurden die mittelneolithischen Häuser auch nur für jeweils eine Generation bewohnt. Die Siedlungen bestanden oft nicht länger als 100 Jahre, dann zog man einige km weiter und gründete dort neu.
Auf Rössen folgte im Rheinland um 4600 v. Chr. die Bischheimer Kultur. Das Siedlungsverhalten hatte sich wiederum geändert. Statt in Weilern lebte man vorzugsweise in Einzelgehöften. Landwirtschaft erbrachte nach wie vor die hauptsächlichen Nahrungsmittel. Neben den Getreidesorten Einkorn und Emmer, die bereits im Altneolithikum angebaut wurden, kamen jetzt auch Nacktweizenarten hinzu. Gegen 4300 v. Chr. endet das mittlere Neolithikum im Rheinland.
Mittelneolithische Keramik und Steingeräte
Wie weiter oben bereits geschildert, hatten sich mit dem Ende der Bandkeramik die weitläufigen Beziehungssysteme aufgelöst. Das ist auch am Gesteinsinventar mittelneolithischer Siedlungsplätze erkennbar. Dechselklingen aus Amphibolit sind selten geworden und auch der in LBK-Zusammenhängen überwiegende Rijckholt-Feuerstein kommt nicht mehr häufig vor. Nun werden vorzugsweise lokal vorkommender Schotterflint und der gelbbraune Rullen-Feuerstein verarbeitet.
Sicheleinsätze sind seltener und auch Pfeilspitzen tauchen weniger häufig auf, es gibt querschneidende Pfeilspitzen. Mit Planig-Friedberg und Rössen tauchen die ersten geschliffenen Feuerstein-Beilklingen auf.
Die Dechselklingen aus Felsgestein sind für die Holzbearbeitung weiterhin unentbehrlich. Sie bestehen nun aus Basalt oder Wetzschiefer. Ein "Leitartefakt" des mittleren Neolithikums ist der durchbohrte Breitkeil, vermutlich verwandt als Setzkeil zum Spalten von Holzstämmen. Diese Geräte sind oft aus Hornblendeschiefern, aber auch aus Basalt oder Plutoniten gefertigt. Mahlsteine sind seltener als in der Bandkeramik, bestehen weiterhin überwiegend aus EKS, es finden sich aber auch Exemplare aus Buntsandstein, der bei Nideggen an der Rur vorkommt. Das Vorkommen von Silexvarietäten wie Rullen oder Obourg und Felsgesteinen wie Phtanit d'Ottignies deuten auf Beziehungen zur zeitgleich in Belgien beheimateten Groupe de Blicquy an. In einigen mittelneolithischen Siedlungen der Region wurde auch entsprechende Keramik gefunden.
Die Keramik des Mittelneolithikums zeichnet sich durch großflächige Dekorationen mit Stichverzierungen aus. Wie in der Bandkeramik gibt es Kugeltöpfe und -becher, für Großgartach sind Knickwandgefäße typisch.