Beilklingen aus Feuerstein

 
Vorarbeiten zu Feuerstein-Beilklingen

Im Jung- und Spätneolithikum wurden die Feuersteinvorkommen der Maastricher Oberkreide bergmännisch ausgebeutet. Im Gebiet der Vorkommen sind keine speziellen "Bergmannssiedlungen" bekannt. Man nimmt an, daß die Bewohner des Umlands bei Bedarf Trupps von Teilzeitbergleuten zu den Minen schickten, um dort den begehrten Rohstoff einzugewinnen. Schon vor Ort wurden, wahrscheinlich aus Gründen der Transportlogistik, aus den Flintknollen Fertigprodukte, wie hochwertige Klingen oder Kratzer und Halbprodukte, wie Beilklingenvorarbeiten hergestellt. In den Heimatsiedlungen wurden diese Beilplanken dann zugerichtet, geschliffen und zu Beilen komplettiert.

Vorarbeit zu einer jungneolithischen Beilklinge mit ovalem Querschnitt. Das Material ist Ghlin-Feuerstein. Die Länge beträgt 137mm, das Gewicht ist 248g.

Halbfabrikat einer jung- bis spätneolithischen Beilklinge aus Rijckholt Feuerstein. Das Stück ist 123mm lang und wiegt 203g.
Vorarbeit einer jungneolithischen Feuersteinbeilklinge mit stark unsymmetreischem Querschnitt. Das Gerät ist 122 mm lang und wiegt 125 g.
Bei diesem Halbfabrikat ist auf der Breitseite ein Abschlag "stecken geblieben". Man kann einen solchen Fehler schlagtechnisch nicht beheben. Den gewaltigen Buckel wegzuschleifen war dem damaligen Handwerker zu mühsam. Er hat das Stück beiseite gelegt und niemals vollendet. Rohmaterial ist ein Feuerstein aus den Lanaye-Schichten, der aus einer Residual-Lagerstätte stammt, etwa Banholt oder Mheer.  Länge: 145 mm, Gewicht 340 g.
Feuerstein-Beilklingen

Ein typisches Beil der Michelsberger Kultur. Es hat einen ovalen Querschnitt, in der Aufsicht eine dreieckige Form (hohe laterale Konvergenz s.o.) und ist aus Rijckholt-Feuerstein hergestellt. Es muß sehr lange im Gebrauch gewesen sein, da sowohl die Schneide spiegelglänzend ist (Gebrauchsglanz) als auch große Bereiche des Nackens stark glänzen (Schäftungsglanz). Die schwach bräunliche Färbung rührt von der Lagerung im feuchten Milieu der Ellbach-Ebene her. Das Werkzeug wird wohl als Beil für grobe Arbeiten gedient haben. Die Beschädigungen im Schneidenbereich sind alt. Wären sie rezent, so käme an den betreffenden Stellen die graue Farbe des Rijckholt-Flints zum Vorschein. Die Beilklinge ist 145mm lang und wiegt 400g.

Auch diese kleine Beilklinge ist jungneolithisch. Das Material besteht wie beim vorher gezeigten Fundstück aus Rijckholt- Feuerstein, nur dass er hier nicht patiniert ist, sondern die ursprüngliche graue Farbe behalten hat. Die Form ähnelt der des vorher gezeigten Stücks, die Abmessungen sind aber wesentlich kleiner. Die Klinge ist 83mm lang und wiegt nur 61g.
Bei dieser michelsbergzeitlichen Beilklinge mit spitzovalem Querschnitt erkennt man in der Seitenansicht eine leichte Längswölbung, das kann ein Hinweis auf den Gebrauch als Dechsel, also in Querschäftung sein. Die Gebrauchsspurenanalyse durch A. Pawlik, Tübingen ergab, daß es sich um eine konventionell parallel geschäftete Beilklinge handelt (Weiner 2006). Das Stück besteht aus dunklem, unpatiniertem Rijckholtflint, ist 113mm lang und hat ein Gewicht von 117g.
Diese Beilklinge aus Rijckholt-Flint zeigt schon nicht mehr die klassischen morphologischen Merkmale michelsbergzeitlicher Beile. Die Längsseiten sind facettiert, der Querschnitt ist also nicht oval, sondern gewölbt kantig. Eine ähnliche Beilklinge fand P.J.R. Moddermann beim Grabkeller von Stein im niederländischen Südlimburg, der auf 2830 v.Chr. datiert ist. (Moddermann P.J.R. 1964) Anhand der Funde in der direkten Umgebung scheint das Stück dennoch aus der (vielleicht späten) Michelsberger Kultur zu stammen. Die Länge des Artefaktes ist 160mm, es wiegt 387g.
Diese gänzlich unbeschädigte Beilklinge aus Lousberg-Feuerstein fand sich zufällig ohne weitere Befunde im Aushub einer Straßenbaumaßnahme. Die Länge des Artefakts beträgt 137 mm, es wiegt 269 g.
Eine kleine Beilklinge aus Lousberg-Feuerstein. Die Form mit geringer lateraler Konvergenz und der gewölbt kantige, zur Rechteckform tendierende Querschnitt lassen eine spätneolithische Herkunft wahrscheinlich erscheinen. Das Lousberg-Material deutet auch ins Spätneolithikum. Die Blüte des Feuersteinbergbaus auf dem Aachener Zeugenberg lag zwischen 3500 v. Chr. und 3000 v. Chr (Schyle D. 2006). Die Länge der Klinge beträgt 75 mm, das Gewicht ist 70g.
Spätneolithische Beilklinge aus Orsbach/Vetschau-Feuerstein. Im Spätneolithikum sind die Beilklingen in der Regel wesentlich kleiner als zu jungneolithischer Zeit. Länge: 54mm, Gewicht: 60g.
Eine Beilklinge aus hellgrau-belgischem Feuerstein. Sowohl das Material, als auch die fast rechteckige Aufsicht sprechen dafür, das Gerät ins Spätneolithikum zu datieren. Länge: 93 mm, Gewicht: 175 g
Dieses sehr schlank gearbeitete Beil aus Valkenburger Feuerstein ist nur partiell überschliffen. Man wird es ins späte Neolithikum stellen können. Länge: 132 mm, Gewicht: 152 g.
Dieses Beil mit seinem kreisbogenförmigen Schneidensaum erinnert stark an Vorbilder aus dem Jungneolithikum des Pariser Beckens. Das Rohmaterial ist aber Rijckholt-Feuerstein aus der Gegend von Maastricht. Das Stück hat eine Länge von 98 mm bei einem Gewicht von 158 g.
Wenn Beilklingen zerbrachen, wurden die wertvollen Werkzeuge nicht in jedem Falle verworfen. Waren die Bruchstücke noch so groß, daß eine Umarbeitung möglich war, so wurden sie weiterverwendet. Bei dieser Beilklinge war das der Fall. Auf der Ansicht rechts im Bild sieht man am oberen Bildrand die Merkmale eines sogenannten Angelbruchs, eines Gewaltbruchs, bei dem das spröde Feuersteinmaterial bei Überlastung glatt mit einem Schlag zerbricht. Das Stück mißt 68mm in der Länge und wiegt 110g.
Auch bei dieser Beilklinge handelt es sich um die Weiterverwendung eines abgebrochenen Schneidenbruchstückes. Das am Nacken spitz zugerichtete Teil besteht aus Rijckholt- Feuerstein. Die Länge beträgt 60mm, das Gewicht 39g. Ein solche Klinge war natürlich indirekt in einem Zwischenfutter geschäftet. Die Schäftung in Zwischenfutter war ab dem späten Neolithikum üblich.
 
Literatur:

Brandt K.H. (1967): Studien über steinerne Äxte und Beile der jüngeren Steinzeit und der Stein-Kupferzeit in Nordwestdeutschland. Münstersche Beitr. Vorgeschichtsforschung 2, Hildesheim.
Fiedler L. (1979): Formen und Techniken neolithischer Steingeräte aus dem Rheinland. In: Rheinische Ausgrabungen Band 19 - Beiträge zur Urgeschichte des Rheinlandes III, Köln. 53-190.
Hoof D. (1970): Die Steinbeile und Steinäxte im Gebiet des Niederrheins und der Maas, Bonn.
Kegler-Graiewski N. (2007): Beile - Äxte - Mahlsteine. Zur Rohmaterialversorgung im Jung- und Spätneolithikum Nordhessens. Dissertation, Köln 2007
Moddermann P.J.R. (1964): The neolithic burial vault at Stein. In: Analecta Praehistorica Leidensia 1, Leiden. 3-16
Piel-Desruisseaux J. - L. (1986): Outils Préhistoriques, forme - fabrication - utilisation, Paris
Schyle D. (2006): Die spätneolithische Beilproduktion auf dem Lousberg in Aachen. In: Archäologische Informationen 29/1&2, 2006, 35 - 50
Weiner J. (2004): So und nicht anders - Schäftungsrekonstruktion einer Flintbeilklinge aus Gerderath. In: Archäologie im Rheinland 2003, Stuttgart. 55-57
Weiner J. (2006): Gebrauchsspurenanalyse an einer Steinbeilklinge aus Hambach. In: Archäologie im Rheinland 2005, Stuttgart. 39-41