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Bohrer

Die Bestimmung neolithischer Bohrer aus dem Rheinland fällt nicht immer leicht. Natürlich sind Bohrer Werkzeuge mit retuschierter Spitze, dieses Merkmal haben aber auch Spitzklingen oder Pfeilspitzen. Ein untrügliches Kennzeichen sind aber die Gebrauchsspuren an der Bohrerspitze. Es treten Aussplitterungen auf, die durch Torsionskräfte hervorgerufen werden und bei vielen Bohrern ist eine Verrundung der Spitze zu beobachten. (Fiedler L. 1979)
Größere Bohrer sind oft aus Abschlägen hergestellt und wurden wohl mit der Hand geführt. Kleinere Klingenbohrer, bei denen die Spitzen glänzen und häufig stark verrundet sind, waren sicher geschäftet und wurden mit einem Fiedelbohrer angetrieben.
Komplette Bohrer mit langer Spitze sind selten. Bei den meisten Funden handelt es sich um abgebrochene Schäfte. Mit etwas Glück lassen sich aber auch die kleinen abgebrochenen Bohrerspitzen finden. Vollständig erhaltene bandkeramische Klingenbohrer kommen jedoch regelmäßig vor.

Bohrer, hergestellt aus Abschlägen

Wenn man sich die großen Abschlagbohrer ansieht, wird klar, dass es sich um Werkzeuge "fürs Grobe" gehandelt hat. Entlang der Schneidkanten sind oft deutliche Gebrauchsretuschen zu erkennen, die davon zeugen, mit welcher Kraft das Gerät in das meist konische Bohrloch gedrückt wurde und mit welch großem Drehmoment gearbeitet wurde. Das Aussplittern der Kanten wird ein automatisches Nachschärfen des Bohrers bewirkt haben.

Abschlagbohrer, hergestellt aus dem Rest einer geschliffenen Beilklinge. Das Werkzeug ist 88 mm lang. Der Fundort liegt auf einer jung- bis spätneolithischen Siedlungsstelle.

Dieser Abschlagbohrer hat an seiner Spitze deutliche Gebrauchsspuren. Das 47mm lange Gerät stammt von einer spätneolithischen Fundstelle.

 

Ein interessanter bandkeramischer Abschlagbohrer. Am Fundplatz kommt sowohl LBK als auch Spätpaläolithikum vor. An einem alt patinierten Abschlag wurde eine formgebende Retusche angebracht. Durch die Abnutzung ist die Patina an der Spitze verschwunden. Länge: 37 mm
Abschlagbohrer von einer bandkeramischen Siedlungsstelle in der Talaue des Ellbachs. Das Material ist braun patinierter Vetschau/Orsbach-Feuerstein. Länge des Artefakts: 45 mm. Ein solcher Bohrer mit flachem Querschnitt bietet sich zur Schäftung an.
 
Bohrer, hergestellt aus Klingen

Die Klingenbohrer sind gewöhnlich kleiner als die Abschlagbohrer. Nach meiner Erfahrung tauchen sie eher in alt- oder mittelneolithischen Fundzusammenhängen auf, im Jung- bis Spätneolithikum sind sie verhältnismäßig selten.
Klingenbohrer wurden wohl meist in einer Schäftung benutzt.

Klingenbohrer aus Rijckholtflint von einer bandkeramischen Fundstelle bei Jülich. Die Länge beträgt 48mm.

Im Detail erkennt man die deutlichen Gebrauchsspuren, die Spitze ist verrundet.
Ein Klingenbohrer aus Rijckholt-Feuerstein, gefunden bei Hambach. Länge: 38mm. Die Fundstelle ist jungneolithisch.
Klingenbohrer von einem LBK-Fundplatz. Länge: 40 mm.
Bohrerspitzen

Bohrerspitzen sind gewöhnlich recht klein in den Abmessungen und folglich findet man sie selten - und dann auch nur die mit einem nennenswerten Durchmesser. Die Artefakte sind auf der Dorsalseite häufig stark glänzend, der Querschnitt ist D-Förmig mit einer Tendenz zum Vollkreis.

Mittleres Bruchstück einer Bohrerspitze. Durchmesser: 9mm

Stark glänzende Bohrerspitze, der Durchmesser beträgt 8mm.
Literatur:

Fiedler L. (1979): Formen und Techniken neolithischer Steingeräte aus dem Rheinland. In: Rheinische Ausgrabungen Band 19 - Beiträge zur Urgeschichte des Rheinlandes III, Köln. 53-190.