Beile und Äxte

Beile sind Werkzeuge, die aus mehreren zusammengesetzten Komponenten bestehen, sogenannte Kompositgeräte. Wie wir alle wissen, besteht ein typisches Beil mindestens aus einer Klinge und einem Stiel. Außerdem können Schäftungshilfen wie Zwischenfutter, Keile oder Bindungen vorhanden sein.

Als Sammler im Rheinland kann man heute nur noch die steinernen Beilklingen finden, alle übrigen Teile sind im Laufe der Zeit vergangen. Trotzdem ist bekannt, wie die vorgeschichtlichen Beile ausgesehen haben. Wenn die Bedingungen günstig sind, können sich auch organische Stoffe über tausende von Jahren erhalten. Eine Lagerung in feuchtem und sauerstoffarmem Milieu, wie beispielsweise in Mooren oder verlandeten Gewässern, ist eine solche ideale Umgebung. Bekannte Fundstellen sind die Pfahlbausiedlungen an den süddeutschen Seen, die bereits im 19. Jahrhundert entdeckt wurden, Moorfunde in Norddeutschland und Dänemark oder auch die neolithischen Brunnen, die in jüngster Zeit immer häufiger entdeckt werden. Hier sei auf den bandkeramischen Brunnen von Erkelenz-Kückhoven hingewiesen.
Die meisten steinzeitlichen Beilklingen wirken für Menschen der Neuzeit auf den ersten Blick ein wenig fremd, sie erinnern kaum an moderne Beilklingen - ihnen fehlt meist die Bohrung.

Allgemeine Terminologie Beil Axt Dechsel

Archäologen unterscheiden prähistorische Äxte von Beilen dadurch, daß sie einen Körper mit Schaftloch Axt, denjenigen ohne Schaftloch jedoch Beil nennen. Äxte sind also Beilwerkzeuge, deren Klingen durchbohrt sind. Die Benennung hat nichts mit Größe oder Gewicht zu tun, allein die Bohrung ist entscheidend. Aus artefaktmorphologischer Sicht der Archäologie sind also alle modernen Beile im eigentlichen Sinne Äxte.
Beilklingen besitzen keine Bohrung. Sie werden in einen durchbohrten Schaft eingesetzt.
Beilwerkzeuge, die parallel geschäftet sind, werden von Archäologen einfach als Beil bezeichnet.
Quer geschäftete Beile nennt man Dechsel. Die Dechsel werden, natürlich hergestellt aus Stahl, auch noch im heutigen Zimmermannshandwerk benutzt.

Direkte und indirekte Schäftung

Neolithische Beilklingen wurden in durchbohrte Schäfte aus Holz eingesetzt. Es wurden Hölzer verwendet, die eine Keulenform besaßen, das dickere und schwerere Ende lag also außen. Die Beilklinge mußte spielfrei in der Schäftung sitzen und so kann man sich vorstellen, daß in die Herstellung eines Beilstieles mit angepaßtem Langloch ähnlich viel Arbeitszeit investiert wurde, wie in die Herstellung der geschliffenen Beilklinge. (Weiner J. 2004)
Größere Beilklingen waren direkt in das durchgehende Schaftloch eingesetzt. Die konische Form der Klinge bewirkte, daß sie sich bei der Arbeit mit jedem Schlag wieder ins Schaftloch stauchte und auf diese Art neu befestigte. Durch einen Schlag auf den Beilnacken war es problemlos möglich, die Klinge auszuschäften. Vielleicht hatte der steinzeitliche Baumfäller immer mehrere ähnlich gestaltete Reserveklingen dabei, um bei einem Klingenbruch weiter handlungsfähig zu sein.
Kleinere Beile wurden über sogenannte Zwischenfutter aus Hirschgeweih geschäftet. Hierbei steckte die Steinbeilklinge in einem "Adapter", einem angepaßen Futter aus Geweih und dieses wurde in den durchbohrten Holzstiel gesteckt.

Zeitliche Einordnung der Beilklingen

Parallel geschäftete Beile aus Feuerstein sind im Rheinland seit dem Ende des Mittelneolithikums bekannt. Überwiegend wurden aber noch die quergeschäfteten Dechsel zur Holzverarbeitung benutzt. Mit der Michelsberger Kultur (ab 4300 v.Chr.) verschwanden die Felsgestein-Dechsel abrupt und parallel geschäftete und geschliffene Beile kamen in Mode. Bis in die frühen Metallzeiten hat sich das auch nicht mehr geändert.
Die Beilklingen anhand ihrer Form zeitlich einzuordnen, fällt nicht leicht. Zu viele Faktoren spielen hierbei eine Rolle. Wie sollte das Beil genutzt werden - als Fällbeil, zu Feinarbeiten oder als Repräsentationsobjekt? Wie ist der Lebenslauf der Beilklinge - ist sie neu, repariert, nachgeschliffen, umgearbeitet? Manche dieser Fragen lassen sich anhand des Fundes beantworten, die meisten bleiben aber unbeantwortet.
Immer wieder haben Archäologen versucht, Beile anhand der Form zu typisieren und die charkteristischen Beiltypen in zeitliche Schemata einzuordnen (z.B. Brandt K.H. 1967; Hoof D.,1970). Die Ergebnisse vermögen aber zumindest für das Rheinland nicht restlos zu überzeugen.
N. Kegler-Graiewski hat für Nordhessen in ihrer Dissertation umfangreiche formenkundliche Auswertungen zu Beilklingen durchgeführt. Sie fand heraus, daß die Schmalseitenkonvergenz, also ob eine Beilklinge in der Aufsicht eher rechteckig oder dreieckig ist, ein chronologisch aussagekräftiges Merkmal darstellt. Hiernach sind Beilklingen mit einer schwachen lateralen Konvergenz jünger als solche mit einer starken. Ein weiteres, wenn auch weniger relevantes Merkmal zur zeitlichen Einordnung ist die Form des Querschnitts. Hiernach sind Beilklingen mit ovalem Querschnitt eher älter als solche mit rechteckigem Querschnitt. (Kegler-Graiewski N. 2007) Obwohl die Untersuchung die jung- und spätneolithischen Beile Nordhessens zum Thema hat, kann man sie nach meiner Ansicht auch bei der Einordnung rheinischer Funde zu Rate ziehen, da hier ein ähnliches kulturelles Umfeld vorhanden war.
Für den Sammler kann auch das verwendete Rohmaterial einen Anhaltspunkt zur zeitlichen Bestimmung darstellen, da die Betriebszeiten der wichtigsten Feuersteinbergwerke inzwischen bekannt sind.
Beifunde charakteristischer Gesteinsartefakte oder datierbarer Keramik helfen natürlich bei der Bestimmung auch weiter.

Keulen

Genau wie bei Äxten oder Beilen handelt es sich bei steinzeitlichen Keulen um sogenannte Kompositgeräte, die aus einem Stiel und einem steinernen Keulenkopf bestehen.  Der Keulenkopf kann entweder rundlich geformt sein, dann handelt es sich um eine Geröllkeule oder diskusförmig, dann ist es eine Scheibenkeule. Im Allgemeinen handelt es sich bei Keulen um Schlagwaffen. Scheibenkeulen sind auf Grund ihrer zur praktischen Anwendung nur eingeschränkt geeigneten Form und des verhältnismäßig seltenen Vorkommens wahrscheinlichauch Statussymbole von Personen herausgehobener gesellschaftlicher Stellung gewesen.